Sonntag, 6. Januar 2013

Von Macken und Fotos

Istanbul.
Was soll man sagen - gerade erst angekommen, und doch ist meine Zeit hier jetzt auch fast schon wieder vorbei. Wie im Fluge. 

Istanbul tatsächlich im Fluge

Was ist denn eigentlich so passiert? "Nichts besonderes", wollte ich fast sagen. Das stimmt natürlich nicht. Nichts, das man jetzt in eine spannende Geschichte verpacken könnte. Aber für mich war es trotzdem ganz besonders. In dieser Stadt hier habe ich gelernt, zu beobachten. Das, was um mich herum geschieht, und das, was in mir geschieht. Ich gehe viel bewusster durch die Straßen als früher und sauge alles in mich auf. Ich freue mich, hier zu sein, mein Leben hier zu leben, die Sprache zu lernen, Menschen zu treffen, Freunde zu finden. Die kleinen kulturellen Unterschiede zu entdecken, die doch so viel ausmachen. Oder auch die ganz offensichtlichen Macken, die die Leute hier so haben.
Kurz vor Weihnachten hat es in Istanbul geschneit. (Nach Weihnachten war es dann aber wieder wunderschön warm und sonnig.) Es ist ja nicht so, dass da Tonnen von Schnee heruntergekommen sind. Nicht ganz wenig, das stimmt. Aber es war halt ein bisschen Schnee. 


Und es ist ja auch nicht so, dass das in Istanbul nie passiert. Als ich Ende Januar 2012 ankam, hat es auch geschneit. Und zwar wirklich viel und für eine recht lange Zeit. Aber trotzdem scheint Schnee in dieser Stadt sowas wie die Apokalypse zu symbolisieren. (Es war übrigens der 20.12., als es angefangen hat zu schneien! oh oh?) Man weiß gar nicht, was man machen soll, wenn es schneit. Istanbul hat jede Menge Berge (Hügel wäre untertrieben...) und so gut wie keine funktionstüchtige Kanalisation. Schon wenn es nur regnet, verwandeln sich die Straßen in wahre Flüsse. Wenn es aber schneit, liegt der Verkehr quasi lahm. Es hat ja auch noch nie jemand etwas von Winterreifen gehört. An besagtem 20.12. gab es auch prompt einen Unfall auf einer der zwei Bosporus-Brücken, mehrere Autos fuhren ineinander. Daraufhin wurde die Brücke komplett gesperrt. Das hatte immense Auswirkungen auf den (ohnehin katastrophalen) Verkehr in der ganzen Stadt. Den ganzen Tag kamen mir Menschen mit leidenden Gesichtsausdrücken entgegen. Verzerrte Gesichter, dicke Mützen, Leute, die sich warmen Atem in die Handflächen pusten und die Schultern hochziehen. "Das ist der kälteste Winter seit 30 Jahren!", habe ich Leute sagen hören. Lustig, im Februar war es auch schon der kälteste Winter seit 30 Jahren! Vielleicht wird es entgegen der allgemeinen globalen Erwärmung in Istanbul jedes Jahr wärmer... Sehr lustig jedenfalls, das Ganze. Ich dachte ja immer, ICH sei ein Schnellfrierer und Jammerer, aber ich wurde eines besseren belehrt.

Dies sei nur eine von vielen schönen Geschichten der letzten zwei Monate. Ansonsten vergehen hier die Tage mit Arbeiten - und ich mag meine Arbeit, ich treffe lauter total spannende und motivierte junge Leute! Da kommt man zu dem Schluss, dass es hier in Zukunft doch eigentlich nur besser werden kann. Und die Abende und Wochenenden? Mit Freunden, mit Türkischlernen, mit tollen Bars und schlechtem Bier, mit Spaziergängen, mit Hamambesuchen und Bazaren, mit viel viel Cay und viel gutem Essen, mit Musik, mit Entdeckungen, mit Spannung und Entspannung, mit einer verrückten kleinen Katze, die mich bestimmt noch auffrisst, bevor ich fahre... (Aber vorher frisst sie all meine Besitztümer!)



 
Komisch, wie diese Stadt einen fesselt. Wie man sich im wahrsten Sinne des Wortes in sie verliebt. Wenn ich auf der Fähre sitze, den Bosporus überquere und dabei auf Istanbuls Skyline, auf Sultanahmet mit dem Topkapi Palast, der Blauen Moschee und der Ayasofia schaue, dann klopft mein Herz.


Wenn ich morgens zur Arbeit laufe, komme ich immer an einer Ecke vorbei, von der man ein wunderbaren Blick den Hang hinunter hat - mitten in eine Ansammlung dieser bunten und irgendwie zusammengewürfelten Häuser, die so typisch sind für Istanbul. Auch dann muss ich jedes Mal in mich hineinlächeln. 


Da fällt der Gedanke an einen Abschied mehr als schwer. Istanbul hat mir viel gegeben, und das Jahr (na ja, die 9 Monate), das ich hier verbracht habe, war ein ganz bedeutendes und wunderschönes Jahr für mich. Was nicht heißt, dass immer alles super war. Was auch bei Weitem nicht heißt, dass an Istanbul alles super ist. Mitnichten. Aber Istanbul ist eine Stadt, die einen Willkommen heißt und die einem so viel zu bieten hat. Jeden Tag entdeckt man neue Dinge, jeden Tag trifft man neue Menschen. Eine Stadt mit irgendwas so um die 17 Millionen Einwohner, und mit Unmengen Reisender und Menschen aus aller Welt - dass man da auf interessante Menschen trifft, ist quasi vorprogrammiert.

Honig gefällig?

Und Istanbul lässt einen nicht mehr los. Hat man sich einmal in diese Stadt verliebt, kann man ihr schwer den Rücken kehren. Wenn ich mich mal so umgucke, ist es beeindruckend, wie viele Menschen hier hängen bleiben oder wiederkommen. In den letzten zwei Monaten habe ich viele Freunde aus dem ersten halben Jahr wieder getroffen. Manche waren nur zu Besuch da, andere für ein bisschen länger, wieder andere haben eine sich bietende Gelegenheit genutzt, den Besuch mit dem Nützlichen zu verbinden. Und auch die, die nicht wiederkommen, erzählen davon, wie gerne sie es tun würden. 
Ich würde sagen, Istanbul, wir sehen uns wieder. 





Und für noch ein paar Fotos guckt doch mal hier:


Istanbul die Zweite

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