Samstag, 30. April 2011

"Nie jesteśmy w Rosji" - "Wir sind doch hier nicht in Russland"

Was für eine Reise... Und damit meine ich jetzt erstmal nur die Rückreise!
"Nur" ist schon etwas untertrieben... immerhin hat sie sage und schreibe 30 Stunden gedauert. Fast. Um kurz nach 6 sind wir am Freitag Morgen in L'viv aufgebrochen. Und heute um halb 11 war ich dann endlich zuhause. Was, das sind nur 29 Stunden? Mitnichten. Zeitverschiebung!
Ich bin auch immer noch ganz benommen von dieser Fahrt. Abgesehen davon muss ich glaube ich die Woche in L'viv Revue passieren lassen und die einzelnen Tage im Kopf noch mal durchgehen.
Das Programm war total spannend und wir haben mit sehr interessanten und kritischen Leuten gesprochen. Was in der Ukraine durchaus nicht selbstverständlich ist. Also: Hut ab vor den Menschen, die uns in dieser Woche nicht nur durch L'viv, sondern auch durch die historische, aktuelle, politische und soziale Ukraine mit ihren Licht- und Schattenseiten geführt haben. Aber davon später mehr, Stück für Stück. Und sortiert. Momentan bin ich glaube ich nur zu wilden Gedankenfetzen in der Lage.
Dafür bin ich noch gar nicht wieder genug angekommen...
Warum 30 Stunden?
Der Start war eigentlich wunderbar. Unser netter Busfahrer hat uns in aller Herrgottsfrühe zum Bahnhof gebracht. (Der Bahnhof in L'viv ist übrigens außerordentlich hübsch. Hier eine kleine Demonstration.)

Bahnhof in L'viv - allerdings fotografiert 2009















Am Bahnhof angekommen hatte ich sogar noch Zeit, meine letzten übrig gebliebenen Grivna (das ist die ukrainische Währung) sinnvoll zu investieren - für ein ukrainisches "Wässerchen" hat es noch ganz genau gereicht.
Euphorisch und gut gelaunt, wenn auch etwas verschlafen bestiegen wir also den Zug. Es wurde noch besser, unser Wagen war ein polnischer und kein ukrainischer Schlafwagen. Das bedeutete, dass wir an der polnisch-ukrainischen Grenze nicht mit all unserem Gepäck aus dem Zug aus- und in einen anderen Wagon einsteigen mussten. Die Ukrainer haben nämlich breitere Gleise als die Polen. Aber nein, da unser polnischer Wagon mit polnischen Gleisen kompatibel war, brauchte er nur umgesetzt zu werden. Wir konnten also während der 1 1/2 Stunden Aufenthalt unser Gepäck im Zug lassen, einmal durch die Innenstadt von Przemyśl (dem ersten Ort auf der polnischen Seite) stürmen und dann noch ein paar Minuten in einem sehr netten und mit Pflanzen aller Art vollgestellten Eiscafé sitzen. Der Himmel war blau, die Sonne schien wunderbar, und das Eiscafé hat sich an unserer Touri-Gruppe sicher eine goldene Nase verdient.
Das alles passte zu der fröhlichen Stimmung, die die gut überstandene Passkontrolle auf beiden Seiten der Grenze in mir hervorgerufen hatte. Nachdem die ukrainische Zollbeamtin mich eingehend von oben bis unten gemustert hatte (in meinem Pass habe ich noch lange Haare. Und was da vor ihr saß, war eine verknautschte, gerade aufgewachte Dinah mit ungewaschenen Haaren und Brille. Das kam ihr zunächst etwas komisch vor.) und ich detailliert vom Grund unserer Reise und all unseren Unternehmungen berichtet hatte, glaubte sie mir, dass ich nichts Böses im Schilde führe.
So weit so gut. Der Zug fuhr dann auch mit nur 10 Minuten Verspätung weiter, und Nachmittags kamen wir dann in Krakau an. Ach, was mag ich diese Stadt. Ich bin verliebt!
Diesmal musste alles noch schneller gehen. Wir hatten zwar in etwa so viel Zeit, wie in Przemyśl, musste dafür aber das Gepäck erst ein- und am Ende auch wieder ausschließen. Also blieb etwa eine Stunde, um - noch schneller als am Vormittag - einmal um den Marktplatz zu stürmen, dabei einmal die Nase in die Mariannenkirche zu stecken und im Vorbeirennen noch ein paar der in ganz Polen gerühmten "Obwarzanki" (Sesamkringel-Brezel-Mischung) zu erstehen.
Dann konnten wir es uns ganz entspannt im Nachtzug nach Stettin bequem machen (Und das trotz sehr unfreundlichem Schaffner. Auf die Frage, ob wir einen Becher heißes Wasser statt Schwarzem Tee haben könnten, antwortete er mit "Nie jesteśmy w Rosji" - "Wir sind doch hier nicht in Russland"). Es wurde sogar bequemer, als gedacht. Denn dieser Zug hat es dann geschafft, irgendwann mitten in der Nacht so zu trödeln, dass wir mit über einer Stunde Verspätung in Stettin ankamen. Somit standen wir also um 7 statt um viertel vor 6 am Bahnhof. Eine menschenfreundlichere Zeit. Leider bedeutete das aber auch, dass unser Anschlusszug nach Berlin - der RE um kurz nach 6- schon lange weg war. Und der nächste Zug war nicht in Sicht. (Ich weiß wieder, warum ich die polnische Bahngesellschaft PKP nicht mag...) Was nun? Wann ich in Berlin ankam, war mir ja egal. Aber die Meisten aus unserer Reisegruppe waren nicht aus Berlin und mussten ihre Anschlusszüge bekommen. Bei einem Pärchen hieß das: 09:50 am Hauptbahnhof stehen. Und wenn sie diesen Zug verpassen würden, wären auch die lange reservierten Opernkarten für den Abend nur noch als Notizzettel zu gebrauchen. Was tun?
Wir sind also ruhig und besonnen zur Information geschlendert, und... ok. Ich gebs zu. Wir sind in aller Hektik vor den Bahnhof gestürmt. Dort stand gerade so ein kleiner 14-Leute-Bus, der nach Berlin fuhr. Wie schön, wir waren wir waren 12. Leider waren in dem Bus nur noch zwei Plätze frei. Der Busfahrer - was für ein Held - hatte aber so viel Mitleid mit uns, dass er die übrigen 12 Gäste eine geschlagene halbe Stunde hat warten lassen. In dieser Zeit hat er einen größeren Bus organisiert, so dass er nun immerhin acht von uns mitnehmen konnte. Vielleicht hatte er auch nur einen sehr guten Geschäftssinn.
Wie dem auch sei, wir fuhren also um halb 8 los Richtung Berlin. Um Viertel nach 9 purzelten wir dann aus dem Bus, bezahlten eilig (13€, ein guter Preis, finde ich.) und ich raste mit besagtem Pärchen los zur S-Bahn. Puuh. Genau 7 Minuten vor Abfahrt des Zuges kamen wir auf Gleis 2 am Hauptbahnhof an. Welch eine Erleichterung!
Nachdem ich mich dann in Ruhe (Ruhe...) von den Beiden verabschiedet hatte, ging ich zur Haltestelle des altbekannten M41ers. Und? Gerade weg. 20 Minuten warten. Keine Lust mehr. Zurück zur S-Bahn. Alexanderplatz, U8, Hermannplatz, U7, Rathaus Neukölln, Zuhause. Kaffee.
Gute Nacht.

(Die nächsten Tage erzähl ich dann auch, was ich alles über die Ukraine gelernt habe und wen wir so getroffen haben und was wir - außer hohen Absätzen und kurzen Röcken - so alles gesehen haben!)

Freitag, 22. April 2011

Und es geht raus!

Ja!
Gleich mache ich mich auf den Weg. Die Reise geht los. Wohin? Erst mal zum Hauptbahnhof. Ein Abenteuer, in der Tat. Immerhin fahre ich mit dem M41er. Ob er wohl kommt? Und wenn ja, wann?
Was dann kommt, ist weniger spektakulär. Die Reisegruppe treffen. Sich vorstellen Souverän wirken, immerhin bin ich Reiseleiterin. So ein bisschen jedenfalls. Ach ja, die echte Reiseleiterin kennenlernen. Und dann: Mit dem EC nach Poznan, dort ein kleines bisschen Pause, dann weiter mit dem Nachtzug nach Przemysl an der polnisch-ukrainischen Grenze. Läppische Läppische 17 1/2 Stunden. Dann noch ein bisschen Kleinbus, und nach gerade mal 22 Stunden (23, wenn man die Zeitverschiebung mitzählt) kommen wir in Lviv an.
Hoffentlich spielt die M41er mit...

Eine Woche Lviv und Umgebung. Ich bin gespannt. Eine Woche voll mit spannendem Programm; Stadtrundgänge, Geschichte und Kultur der Ukraine, das Jüdische Lemberg, die politische, wirtschaftliche und soziale Situation der Ukraine heute. Zwischendurch mal ein Restaurant. Schulen und Schlösser. Und am Ende eine entspannende Rückreise über Krakau. Erfreulicherweise diesmal genug Zeit, sie ausgiebig zu genießen: etwas mehr als 26 Stunden.

Mein letzter Besuch in Lviv (der auch der erste war...) ist ziemlich genau zwei Jahre her. Damals sind wir zu fünft von Warschau aus in Richtung Ukraine aufgebrochen. Kiew, Odessa, Lviv. Ich fürchte, die Reihenfolge war nicht gut gewählt. Lviv ist eine sehr schöne Stadt. Aber sie liegt im Westen der Ukraine, nur etwa 80km von der polnischen Grenze entfernt. Wir reden hier über eine Stadt, um die die Polen und die Ukrainer immer gestritten haben. Mal war sie Teil der Ukraine, mal gehörte sie zu Polen. Wenn man Polen kennt, wird man sich hier zuhause fühlen. Kiew und Odessa sind ganz anders. Kiew, eine riesengroße Stadt. Viele riesige Sowjetbauten säumen die breiten Prospekte. Über der Straße hängen noch immer Hammer und Sichel und erinnern an den Großen Vaterländischen Krieg. Tief beeindruckt läuft man durch die Straßenschluchten, den Blick mal nach links, mal nach rechts, aber immer nach oben gerichtet. Imposant.
Und Odessa? Wunderschöne, bröckelnde Altbauten. Sonne. Das Schwarze Meer. Armut. Hinterhöfe, Geheimnisse, Abenteuer. Ein riesengroßer Markt, wie er märchenhafter nicht sein könnte. Nachdem man sich durch den Wald aus getrockneten Fischen gekämpft hat und über drei in der Sonne dösende Hunde gestiegen ist, findet man sich beim Eingelegten wieder. Was da eingelegt ist? Alles! Gurken, Tomaten, Zwiebeln. Aber auch Kohl. Nein, nicht etwa kleingeschnitten, ganze Kohlköpfe, neben Tomaten, Äpfeln, und was einem sonst noch so einfällt. Daneben ein Stand, an dem säckeweise Körner und Kerne in jeder Form, Farbe und Größe verkauft werden. Und hier getrocknete Früchte, frischer Granatapfelsaft, Baklava. Ja, man ist tatsächlich in einer Gegend, in der "Osteuropa" und der "Nahe Osten" gar nicht mehr so weit von einander entfernt sind.
Noch bis unter die Haarspitzen voll mit diesen neuen und vielfältigen Eindrücken kamen wir also am Ende unserer Reise in Lviv an. Nicht nur, dass wir uns schon fast wieder zuhause angekommen fühlten - wir hatten auch weniger Zeit als geplant. Einen Tag weniger, um genau zu sein. Und das macht, wenn man zwei Tage geplant hat, doch einen Unterschied. Schuld war unsere Arglosigkeit. Wir dachten, wir könnten einfach am Abreisetag in Odessa am Bahnhof Zugtickets kaufen. Nichts da, ausverkauft. Busse? Fahren vielleicht. Irgendwo. Wenn ihr einen findet, viel Spaß. Hm. Stundenlanges Warten, noch ein Ausflug auf oben beschriebenen Markt und dann die Entscheidung: Wir fahren erst morgen.
Also, ein kurzer Tag in Lviv. Ein sehr schöner, soviel ist klar. Aber für viel mehr als einen ausgiebigen Stadtbummel und ein Eis in der Altstadt (von McDonalds... Ja, ich schäme mich) hat es nicht gereicht. Und jetzt liegt eine Woche Lviv Intensiv (iv iv iv) vor mir.
Hab ich auch alles eingepackt?
Was braucht man denn wohl so?
Ich mag das nicht... Immer wieder denke ich beim Kofferpacken "Oh, eigentlich braucht man ja fast gar nichts. Aber... wenn ich so wenig einpacke, dann habe ich bestimmt was Wichtiges vergessen. Das kann doch nicht sein. Da MUSS was fehlen..."
Drücken wir die Daumen... Ich hab einen Reisepass. Er ist auch gültig. Und nicht auf meinem Schreibtisch, sondern in meiner Tasche. Gut. Eine EC-Karte habe ich auch. Und Socken. Kann also eigentlich nix mehr schiefgehen. Oder?

So. Ich mache mich mal auf den Weg.
Zum M41er. Falls der kommt.

Samstag, 16. April 2011

Und da isser, der Blog

Und warum?
Das ist eine gute Frage. Vielleicht gibt es auch eine Antwort. Eine bessere als "Ich hab einfach gerade Lust gehabt, was zu schreiben." Aber vielleicht ist das ja auch gar keine schlechte Antwort?
Klar, vielleicht wird hier nie was Wichtiges stehen. Nichts Weltbewegendes. Ich werde hier sicher keine Rätsel der Menschheitsgeschichte aufklären und wahrscheinlich auch keine bahnbrechenden Entdeckungen machen. Vielleicht nicht mal irgendwas Kluges von mir geben. Aber vielleicht findet sich ja irgendwer, der mag, wie ich schreibe. Und was ich schreibe. Und das würde ja schon reichen, oder? Und wenn nicht hab ich Spaß beim Schreiben gehabt, und dann bin wenigstens ich ein bisschen zufriedener als vorher. Basta.

Man schreibt sowieso viel zu wenig. Damit meine ich Geschriebenes, das über den tagtäglichen "X Y 'pupst in seinen Sessel'"-Kommentar bei facebook hinausgeht. Oder über eine Email, die aus drei Sätzen besteht. Um diese drei Sätze zu formulieren und dann "auf den Bildschirm zu bringen" nimmt man sich in der Regel etwa 10 Sekunden Zeit. Romantisch, nicht wahr? Was ist aus Briefen geworden? Oder wenigstens Emails, die ausgedruckt zumindest eine Seite lang wären? Hat man sich denn gar nichts mehr mitzuteilen? Ich fürchte, man hat einfach keine Zeit mehr. Nein, besser: Man glaubt, keine Zeit mehr zu haben. Alles muss so schnell wie möglich gehen, am besten sogar noch schneller. Verdammt, warum verbraucht dieses Leben denn überhaupt Zeit? So was Dummes...
Dabei kann man sich die Zeit manchmal einfach nehmen. Sich hinsetzen und Zeit haben. Und wenn es die zehn Minuten sind, die ich jetzt hier sitze und darüber schreibe, warum ich hier was schreibe. Wirklich notwendig ist das nicht. Aber warum immer nur Notwendiges tun? Weg mit diesem Minimalismus! Macht doch so viel mehr Spaß :)
Und damit ist meine Zeit auch vorbei, ich muss jetzt los. Immer diese Termine, man man, nie hat man Zeit...